Diese intuitiven Begriffe müssen mit den Mitteln der Differentialgeometrie
präzisiert werden. Eine mathematisch exakte
Definition der Begriffe Längen-, Winkel- und Flächenverzerrung
mit den Mitteln der Differentialgeometrie kann in entsprechenden
Lehrbüchern nachgelesen werden.
...
Verzerrungen treten auf, wenn eine der o.g. Treueforderungen verletzt wird. Abbildungen, die keine Verzerrungen hinsichtlich der Strecken, Winkel und Flächen aufweisen, werden verzerrungsfrei genannt. Wie Leonhard Euler (1707-1783) gezeigt hat, ist es ummöglich, eine Kugel verzerrungsfrei in eine Ebene abzubilden. Insbesondere existiert keine Abbildung der Kugel in eine Ebene, die abstandstreu ist. Das schließt nicht aus, daß spezielle Linien in wahrer Länge abgebildet werden, bei vielen Abbildungen besteht dann noch die Möglichkeit, diese Linien gezielt auszuwählen. Aus den Überlegungen der Differentialgeometrie folgt weiter, daß sich Winkeltreue und Flächentreue ausschließen.
Das Auftreten von Verzerrungen ist typisch für Abbildungen einer Fläche
auf eine andere. Deshalb sollen folgende verzerrungsfreien Abbildungen
besonders erwähnt werden:
- Abbildung eines Kegels in eine Ebene
- Abbildung eines Zylinders in eine Ebene
Diese Abbildungen entstehen durch Aufschneiden des Kegels / Zylinders entlang
einer Mantellinie und Abwickeln der entstehenden Fläche. (Streng genommen
sind diese Abbildungen verzerrungsfrei nur außer auf der genannten
Mantellinie.) Die Flächen Kegel und Zylinder dienen bei der
Veranschaulichung einiger Abbildungen als Hilfsfläche, auf die die
Kugel projiziert wird und die dann abgewickelt wird.
2.2 Klassifizierung der Abbildungen der Kugelfläche in die Ebene
Vorgelegt sei eine Kugel mit einem azimutalen Koordinatensystem, dessen
Zentrum in einem beliebigen Punkt der Kugeloberfläche liegt, und den
Koordinaten (d,a). Dabei bezeichne d die Distanz vom
Ursprung und a das Azimut.
Die Klassifkation von Abbildungen der Kugel in eine Ebene kann nach
mehreren Kriterien vorgenommen werden:
Echte Abbildungen
Wie oben dargestellt, bildet eine echte Abbildung die Kugeloberfläche
in die Ebene ab. Für das Verständnis ist es manchmal gut, sich eine
geometrische Vorstellung von der Abbildung zu machen. So gibt es einmal
die Abbildungen direkt in die Ebene und zum anderen Abbildungen, die
anschaulich scheinbar die Hilfsflächen Zylinder oder Kegel zum Bildraum
haben. Diese werden anschließ verzerrungsfrei abgewickelt.
Dementsprechend wird zwischen
azimutalen Abbildungen, Zylinderabbildungen und
Kegelabbildungen unterschieden. Für diese Abbildungsklassen
ergeben sich folgende charakteristischen formelmäßen
Zusammenhänge zwischen den azimutalen Koordinaten auf der Kugel und
einem geeigneten Koordinatensystem in der Bildebene bzw. folgende
charakteristische Bilder der abgebildeten Koordinatennetze:
Koordinatensystem im Bildraum | Transformation | Bild des Netzes | |
---|---|---|---|
Azimutale Abbildung | Polarkoordinaten | r=r(d) | Kreise a = const. als Schar konzentr. Kreise abgebildet |
(r,e) | e=e(a) | ||
Zylinderabbildung | Kartesische Koordinaten | x=x(d) | Netzlinien bilden 2 orthogon. Scharen v. Geraden |
(x,y) | y=y(a) | ||
Kegelabbildung | Polarkoordinaten | r=r(d) | Netzlinien bilden ebenes Polarkoordinatensystem, |
(r,e) | e=e(a) | überdecken Fläche eines konzentrischen Kreissektors |
Das Verhältnis des zur Projektion
gehörigen azimutalen
Koordinatensystems (r,d) zum geographischen Koordinatensystem mit
der geographischen Länge l und der geographischen Breite
b liefert ein weiteres Klassifikationsmerkmal. Gegenüber
dem allgemeinen Fall, der hier als schiefachsig bezeichnet wird,
werden zwei Lagen ausgezeichnet, normal und transveral.
Zur Beschreibung wird der Begriff des
Hauptpunktes der Abbildung
benötigt.
Normale Abbildung:
Der Nordpol des geographischen Koordinatensystems ist Hauptpunkt. Folglich
fallen Kegel-
bzw. Zylinderachse mit der Nord-Süd-Achse zusammen, bzw. bildet diese
die Normalenrichtung zur Projektionsebene bei der azimutalen Abbildung.
Transversal Abbildung:
Der Hauptpunkt liegt auf dem Äquator des geographischen
Koordinatensystems.
Schiefachsige Abbildung:
Der Hauptpunkt hat eine allgemeine Lage.
Im allgemeinen kann jede Projektion in jeder Lage des Hauptpunktes
ausgeführt werden. Einige Abbildungen werden jedoch bevorzugt mit
einer Lage kombiniert und haben dort auch spezielle Namen:
\ | Normale Abbildung | TransversaleAbbildung | Schiefachsige Abbildung |
---|---|---|---|
Azimutale Abbildung | Stereographische Projektion | Mittabstandstreuer azimut. Entwurf | z.B: Mittabstandstreuer azimut. Entwurf |
Kegelabbildung | alle Kegelabb. | keine prakt. Bedeutung | keine prakt. Bedeutung |
Zylinderabbildung | Mercatorabbildung | Gaußsche Abbildung | ?? |
Gauß-Krüger-Entwurf |
Typ | abweitungstreu | flächentreu | winkeltreu | allgemein |
---|---|---|---|---|
Azimutale Abbildung | Mittenabstandstr. azimut. Entw. | Lambert; Flächentr. azimut. Entw. v. ... | Stereogr. Projektion | Gnomonische Projektion |
Orthograph. Proj. | ||||
Kegelabbildung | de l' Isle | Albers, H.C.: Flächentreuer Kegelentwurf | Weltluftfahrtkarte | |
fl.-tr.Kegelentwurf (Lambert ?) | ||||
fl.-tr.Kegelstumpfentwurf(Lambert ?) | ||||
Zylinderabbildung | Quadratische Plattkarte | Zylinderentwurf v. Lambert | Gaußsche Abbildung | |
Recheckige Plattkarte | Entw. mit 2 längentr.Parallelkreisen | Gauß-Krüger-Entwurf | ||
Cassini-Soldner-Entwurf | Mercatorabbildung | |||
Es ist anschaulich klar, daß sich die Kugelfläche in der Umgebung
jener Bereiche mit möglichst geringen Verzerrungen auf die Bildfläche
transformieren läßt, in denen die Bildfläche die Kugel
berührt. Damit bieten sich zur Darstellung kreisförmiger Gebiete
azimutale Abbildungen an, während streifenförmige Gebiete lägs
eines Großkreise bzw. eines Kleinkreises die Zylinder- bzw. die
Kegelabbildungen die optimale Wahl darstellen.
Unechte Abbildungen
Zwischen dem azimutalen Koordinatensystem auf der Kugel und seinem Bild
besteht der allgemeine Zusammenhang
r = r(d,a), e = e(d,a).
In der Praxis werden sie meist in normaler Lage verwendet, d.h. die
Linien d = const. entsprechen den geographischen Breitenkreisen
b = const. und a = const. den Meridianen
l = const.. Die Bilder der Breitenkreise sind meist nichtkonzentrische
Kreise (mit dem Grenzfall "Gerade"), die der Meridiane gekrümmte Linien.
Häufig lassen sich Symmetriebeziehungen feststellen.
Die unechten Abbildungen werden vielfach nicht durch eine Projektion erzeugt, deshalb wird in solchen Fällen zur klaren Begriffsbildung das Wort Entwurf benutzt. Ebenso ist deshalb eine Klassifikation nach Zylinder- und Kegelentwürfen nicht immer passend.
In neuerer Zeit wurde eine große Zahl vermittelnder Entwürfe bekannt. Bei ihnen wurde die strenge Forderung der Flächentreue zu gunsten einer verbesserten Winkeltreue und damit Ähnlichkeit im kleinen aufgegeben. Nahezu alle diese Entwürfe wurden geschaffen, um eine spezielle Aufgabenstellung zu erfüllen, nur wenige erreichten eine allgemeine Bedeutung. Typisch für diese vermittelden Entwürfe ist die zweifache Symmetrie mit dem Äquator und einem Hauptmeridian als Symmetrieachsen. Die Pole werden auf Pollinien abgebildet. Trotz der damit erzeugten starken Verzerrungen der Polargebiete hinterlassen diese Entwürfe beim Betrachter einen "brauchbaren Eindruck".
Name | Typ | flächentreu | |
---|---|---|---|
Stab-Werner-Entwurf | Kegelentwurf | ja | |
Bonnesche Projektion | Kegelentwurf | ja | |
Preußische Polyederprojektion | Kegelentwurf | ||
Apianus, Entwurf von ... | Zylinderentwurf | ||
Eckert, 6 Entwürfe von ... | Zylinderentwurf | nur Nr.2, Nr.4, Nr. 6 | |
Mercator-Sanson-Entwurf | Zylinderentwurf | ja | |
Mollweide, Entwurf von ... | Zylinderentwurf | ja | |
Hammer's flächentreue Planisphäre | ja | ||
Winkel'scher Entwurf | |||
Entwurf von Nicolosi | |||
... | |||
3. Beipiele, nach Namen sortiert