Projektablauf

Das V-Modell kann sowohl auf Seiten des Auftraggebers als auch auf Seiten des Auftragnehmers angewendet werden. Für das Beispielprojekt soll ausschließlich das Projekt des Auftraggebers betrachtet werden, dessen Rolle die Technische Universität München übernimmt. Es handelt sich dabei um ein rein fiktives Projekt.

Das Auftraggeberprojekt teilt sich in zwei Verantwortungsbereiche, nämlich Durchführung und Projektverantwortung. Durchführender ist ein Lehrstuhl der Technischen Universität München – im Folgenden Projektteam der TUM genannt. Die Projektverantwortung hat die Marken- und Patentverwaltung der Technischen Universität München – im Folgenden kurz MaPaTUM Management genannt. Das zu realisierende Informationssystem nennen wir im Folgenden InfoMaPa.

Bei der Anwendung des V-Modells wird durch die darin definierten Projektdurchführungsstrategien ein grober Projektablauf festgelegt. Die für unser Pilotprojekt relevante Projektdurchführungsstrategie Vergabe und Durchführung eines Systementwicklungsprojektes (AG) (siehe Abbildung 1) gibt die Basis vor, die spezifisch für InfoMaPa angepasst wird. Diese projektspezifische Ausplanung ist Teil des Projekthandbuchs und wird in unserem Beispielprojekt im Kapitel Projekthandbuch dargestellt.

Bei der Erstellung von InfoMaPa wird zuerst ein Teil des Systems, nämlich die Systemausbaustufe zur Beantragung von Marken, erstellt und nur bei ausreichender Akzeptanz dieses Systems durch die Anwender werden die folgenden zwei Ausbaustufen, die Beantragung von Patenten und die Verwaltung von Marken und Patenten, beauftragt. Wie Abbildung 1 illustriert, untergliedert sich InfoMaPa demnach in drei Projektstufen. Eine Projektstufe bezeichnet die Zeitspanne zwischen zwei (Teil-)Lieferungen eines Auftragnehmers. Die Entscheidungspunkte von Anforderungen festgelegt bis Abnahme erfolgt werden für jede Projektstufe entsprechend eingeplant.

Für jede Projektstufe werden die davon betroffenen Produktexemplare durch den Auftraggeber, im speziellen die Technische Universität München, überarbeitet. Dies betrifft unter anderem auch die Anforderungen (Lastenheft). Für die Projektstufen I bis III wird wiederholt per Ausschreibung ein Auftragnehmer ermittelt, der für die Realisierung der jeweiligen Systemausbaustufe verantwortlich ist. Die Technische Universität München begleitet die Auftragnehmer bei ihren Projekten und führt anschließend die Abnahme durch. Daraufhin wird entschieden, ob an der abgenommenen Projektausbaustufe in der nächsten Projektstufe noch Änderungen vorgenommen werden sollen und ob die folgende Projektstufe angestoßen werden soll.

Um das Beispielprojekt nun etwas detaillierter zu betrachten, konzentrieren wir uns im Weiteren auf den Projektanfang und die erste Projektstufe. Wir extrahieren somit aus dem Gesamtablauf die frühen Entscheidungspunkte der ersten Projektstufe. In Abbildung 2 sind zu jedem Entscheidungspunkt die dem Management vorzulegenden Produkte annotiert. Produkte die grau dargestellt sind werden mehrfach vorgelegt werden. Der grobe Ablauf zu den abgebildeten Entscheidungspunkten gestaltet sich wie im Folgenden beschrieben.

Abbildung 1: Projektdurchführungsstrategie für das Projekt InfoMaPa

Am Anfang steht die Idee für das Projekt InfoMaPa. Sie wird zu einem Projektvorschlag ausgearbeitet.Der Auftraggeber des Systems InfoMaPa, also das Projektteam der TUM, reicht diesen bei seinem Management, der MaPaTUM, ein. Da in dem Projekt alle Umstände stimmen – Idee gut, Umsetzung in drei sequentiellen Teilschritten sinnvoll und Finanzmittel vorhanden – ist davon auszugehen, dass die erste Projektfortschrittsentscheidung positiv ausfällt und der Entscheidungspunkt Projekt genehmigt passiert wird.

Im folgenden Projektabschnitt, der zum Entscheidungspunkt Projekt definiert führt, wird die Planung und Organisation des Projektes detailliert festgelegt. Es werden Vorgaben zu unterschiedlichen Bereichen wie beispielsweise dem Konfigurationsmanagement gemacht. Die Produkte Projekthandbuch, QS-Handbuch, Produktbibliothek, Projektstatusbericht, QS-Bericht und Projektplan liegen bei der abschließend festzuhaltenden Projektfortschrittsentscheidung vor. Die Projektfortschrittsentscheidung beinhaltet dabei unter anderem eine Bewertung der bisherigen Ergebnisse und eine detailliertere Planung für den nächsten Projektabschnitt.

Für den Entscheidungspunkt Anforderungen festgelegt legt das Projektteam der TUM das Produkt Anforderungen (Lastenheft) vor. Die Anforderungen sind die Basis des neu zu erstellenden Systems. In diesem Projektabschnitt erstellt das Projektteam der TUM mehrfach die Produktexemplare Anforderungsbewertung, deren Ergebnisse jeweils in das Anforderungsdokument einfließen. Des weiteren muss hierbei das Ausschreibungskonzept festgelegt werden. Abschließend erfolgt eine Prüfung der Anforderungen sowie die Vorlage bei der MaPaTUM Management im Rahmen einer Sitzung, in der eine Projektfortschrittsentscheidung getroffen wird. Darüber hinaus sind wiederum die aktuelle Produktexemplare von Projektstatusbericht, QS-Bericht und Projektplan vorzulegen.

Abbildung 2: Entscheidungspunkte und vorzulegende Produkte

Die Anforderungen (Lastenheft) werden Teil der Ausschreibung, die im folgenden Projektabschnitt komplettiert werden kann. Ferner erstellt das Projektteam der TUM Richtlinien, mit denen später eingehende Angebote potenzieller Auftragnehmer bewertet und verglichen werden können (Kriterienkatalog für die Angebotsbewertung). Die Ausschreibung wird veröffentlicht und der Entscheidungspunkt Projekt ausgeschrieben kann passiert werden.

Bis zu einer gesetzlich vorgegeben Frist können Angebote abgegeben werden. Das Ergebnis einer Prüfung eingegangener Angebote hält das Projektteam der TUM im Produkt Angebotsbewertung fest. Auf dieser Basis wird entschieden, welches Angebot den Zuschlag bekommt. Das Projektteam der TUM arbeitet daraufhin in Absprache mit der MaPaTUM und dem Auftragnehmer einen Vertrag aus. Schließlich muss jetzt auch die Prüfspezifikation Lieferung erstellt werden, damit dann später die Abnahme entsprechend durchgeführt werden kann. Damit kann der Entscheidungspunkt Projekt beauftragt passiert werden.

Nun ist es an dem Auftragnehmer, die im Vertrag übernommenen Pflichten zu erfüllen und das Teilsystem InfoMaPa I zu realisieren. Hierfür ist eine gemeinsame abgestimmte Planung der anstehenden Iteration notwendig. Diese wird beim Auftraggeber im Entscheidungspunkt Iteration geplant fixiert. Hierbei wird neben dem Regelproduktexemplaren Projektstatusbericht, QS-Bericht und Projektplan gegebenenfalls eine überarbeitete Version der Produkte Projekthandbuch und QS-Handbuch erstellt. Im Rahmen der Sitzung des Lenkungsausschusses werden diese Produkte dem MaPaTUM Management zur Entscheidung vorgelegt.

Schließlich erfolgt dann die Begleitung und Überwachung des Projektfortschrittes beim Auftragnehmer bis hin zur Abnahme. Begleitend zu wichtigen Meilensteinen des Auftragnehmers, beispielsweise die Fertigstellung der Gesamtsystemspezifikation (Pflichtenheft), des Feinentwurfs und des ersten lauffähigen Systems, steuert der Auftraggeber mehrfach den Entscheidungspunkt Projektfortschritt überprüft an, um die Arbeit des Auftragnehmers mit Hilfe der präsentierten Projektstatusberichte zu verfolgen und den Fortschritt in internen Projektstatusberichten festzuhalten. Vor dem Einstieg in die Vergabe der zweiten Projektstufe werden Änderungswünsche für die bisher realisierte Ausbaustufe des Systems und die neuen Anforderungen gesammelt und festgehalten.

Das V-Modell® XT ist urheberrechtlich geschützt. © Bundesrepublik Deutschland 2004. Alle Rechte vorbehalten Dieses Dokument wurde mit Hilfe des V-Modell XT Projektassistenten erstellt. Grundlage ist das V-Modell XT.