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1. Koordinatensysteme
1.1 Gestalt und "Radius" der Erde
Einführung
Die reale Gestalt der Erde ist die eines
unregelmäßig Körpers und Gegenstand subtiler
Untersuchungen mit Hilfe moderner Fernerkundungsverfahren.
Bei kleinmaßstäblichen Darstellungen wird die Gestalt der Erde
i.A. durch eine Kugel genähert.
Schon im Altertum gingen die Gelehrten von einer Kugelgestalt der Erde
aus (Pythagoras, um 500 v.Chr.).
Newton unterstellte wegen der durch die Erdrotation auftretenden
Zentrifugalkäfte ein an den Polen abgeplattetes Rotationsellipsoid.
1735 wurden in Frankreich
Expeditionen in das heutige Ekuador und nach Lappland beschlossen, um sowohl
Äquatornähe als auch in Polnähe die Länge eines Breitengrades zu bestimmen.
Die Messungen,
die sich zwar später als ungenau herausstelten, lieferten
den Nachweis einer Erdabplattung. Deshalb wird
in einer verbesserten Näherung die Gestalt der Erde durch ein
Rotationsellipsoid durch Angabe der Halbachsen a,b oder durch
Angabe der großen Halbachse a und der Abplattung
f mit f = (a-b)/a
beschrieben. Für das Erdellipsoid des "World Geodetic
System 1984" (WGS-84) werden dabei die
folgenden Werte angegeben:
a = 6 378 137,0 m
f = 1 / 298,257223563
Es wurden bzw. werden in der Geodäsie eine Vielzahl weiterer
Ellipsoide als Bezugskörper benutzt.
Übersichten gibt P.H. Dana, University of Colorado.
Das WGS-84 spielt insofern eine ausgezeichnete Rolle, als das
"Global Positioning System" (GPS) sich darauf abstützt.
Ersatzkugel
Die geringe Abplattung des Rotationsellipsoids legt die Frage nahe,
ob es durch eine Kugel angenähert werden kann. Dabei muß unterschieden
werden zwischen der Näherung für einen Ausschnitt oder für das
Gesamtellipsoid. Letzteres ist möglich, wenn es sich um große
Ausschnitte der Ellipsoidoberfläche bei kleinen Kartenmaßstäben
handelt.
Der rechnerische Wert des Radius einer Näherungskugel wird für
das Gesamtellipsoid durch
Mittelwertbildung über die Halbachsenlängen berechnet:
Geometrisches Mittel: (Bei diesem Vorgehen sind die Volumina
des Ellipsoids und der Kugel gleich.)
r = 6 371 001 m.
Arithmetisches Mittel:
r = 6 371 009 m.
Auf Grund des geringen, bei kleinmaßstäblichen globalen Abbildungen
unbedeutenden Unterschieds kann der Erdradius für orientierende Betrachtungen
zu
r = 6 371 km.
angenommen werden.
Es ist zu beachten, daß sich Kugel und Ellipsoid signifikant durch
ihr Krümmungsverhalten unterscheiden. Diese Unterschiede wirken sich
deutlich in den
geographischen Koordinaten aus, deshalb wird i.a. in der Landesvermessung
kein Gebrauch von der Näherung durch Kugeln gemacht.
Sollen hingegen kleinere Teile der Erdoberfläche in
einem größeren Maßstab dargestellt werden, kann aus den
Angaben über das darzustellende Gebiet der Radius der "Gaußschen
Kugel" berechnet werden, die sich dort als güstigste Bildkugel erweist.
Diese Kugel berührt das Ellipsoid in einem Punkt P, ihr Radius ist gleich
dem geometrischen Mittel der beiden Hauptkrümmungshalbmesser des Ellipsoids
in dem Punkt P. Die so konstruierte Kugel realisiert eine besonders
gute Berührung der Kugel (2. Ordnung)
Von dem Astronomen
J.H. Soldner
wurde eine weitere Ersatzkugel vorgeschlagen,
deren Radius gleich dem Querkrümmungshalbmesser ist. Obwohl die damit
konstruierte Kugel das Ellipsoid in einem Breitenkreis berührt,
liefert die Gaußkugel eine differentialgeometrisch bessere Näherung.
Geoid
Die unregelmäßige Gestalt der Erde, auch als Geoid bezeichnet,
läßt sich durch ein
Höhenfeld über einem Referenzellipsoid näherungsweise
beschreiben. Bezüglich des Referenzellipsoids WGS-84 beträgt die
Höhenabweichung bis +70/-100m.
Mehr über das Geoid und die Festlegung des Refenzellipsoids
1.2 Geographische Koordinaten
- sind die auf der Erde gemessenen Koordinaten geographische Länge
,geographische Breite und die Höhe.
1.3 Andere Koordinatensysteme
Neben den geographischen Koordinaten sind noch andere Koordinatensysteme
auf der Oberfläche des Referenzkörpers
in Benutzung:
- Geodätische Parallelkoordinaten
Ein System von einander rechtwinklig schneidenden Parallelkoordinaten
auf der Oberfläche der Bezugskugel bzw. des Bezugsellipsoids mit metrischen
Einheiten. Nach Soldner dient ein
(mitten) durch das betrachtete Gebiet führender Meridian als Abszissenachse,
auf der ein beliebiger Punkt als Nullpunkt festgelegt wird. Der Abszissenwert
eines Punktes ergibt sich aus der (metrischen) Länge des Meridianbogens.
Auf der Kugel sind die Ordinaten Großkreise, die orthogonal
auf dem Hauptmeridian stehen, auf dem der Ordinatenwert gemessen wird.
Die elliptischen Ordinaten werden von geodätischen Linien gebildet, die
orthogonal auf dem Hauptmeridian stehen.
Soldner führte 1810 ein solches System auf der Kugel für die
Bayrische Landesvermessung
ein und stellte auch den für die Anwendung benötigten Formelappart bereit.
- Geodätische Polarkoordinaten
Gestgelegt werden ein Punkt Q auf der Oberfläche das Bezugskörpers als Pol
und eine Richtung a. Ein Punkt P wird festgelegt durch die Geodätische r
durch Q, auf der P liegt, und die Länge des entsprechenden Abschnitts und
den Polarwinkel, den r in Q mit a bildet. (Auf der Kugel sind die
Geodätischen Großkreise.)
Ein Hauptbestandteil geodätischer Berechnungen ist die wechselseitige
Überführung geographischer, rechtwinkliger und polarer Koordinaten
auf einer Bezugsfläche.
Literaturhinweis:
M. Bauer gibt im einführenden Kapitel 1 seines Buches
"Vermessung
und Ortung mit Satelliten" (Bibliogr. Angaben)
eine Einführung in Modelbildung zur Figur der Erde, zur Erdmessung im
Satellitenzeitalter und zu den Referenzsystemen / Koordinatendefinitionen
der Geodäsie.
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D. Sosna
. 15.07.1999.