Projektspezifische Anpassung - Tailoring

Das V-Modell ist ein generischer Vorgehensstandard für Projekte, der in möglichst vielen, verschiedenen Projektkonstellationen anwendbar sein soll. Daher ist es notwendig, dass das V-Modell an die konkreten Projektbedingungen angepasst werden kann. Diese Anpassung, Tailoring genannt, ist eine der ersten und kritischsten Tätigkeiten des V-Modell-Anwenders. Unter Tailoring wird im V-Modell die Festlegung des Projekttyps und damit der anzuwendenden Vorgehensbausteine und Projektdurchführungsstrategien verstanden. Die detailliertere Anpassung des V-Modells auf Ebene der zu erstellenden Produktexemplare und durchzuführenden Aktivitätsexemplare erfolgt im Rahmen der Projektplanung entsprechend den Vorgaben der erzeugenden Produktabhängigkeiten (siehe auch Abschnitt Projektplanung).

Abbildung 9: Tailoring des V-Modells mit dem V-Modell Projektassistenten

Wie in Abbildung 9 dargestellt ist, wird zunächst das Projekt anhand einer Liste mit vorgegebenen Projektmerkmalen charakterisiert. Das Ergebnis dieser Charakterisierung ist das Anwendungsprofil . Die Abbildung zeigt mit den Projektmerkmalen Projektgegenstand und Projektrolle nur einen Ausschnitt der insgesamt 9 Projektmerkmale eines Anwendungsprofils. Das komplette Anwendungsprofil legt automatisch den Projekttyp und damit die Auswahl der verpflichtend zu verwendenden Vorgehensbausteine und Projektdurchführungsstrategien fest. Liefert das Tailoring-Ergebnis mehrere Projektdurchführungsstrategien zur Auswahl, wählt der V-Modell-Anwender eine oder eine Kombination dieser Strategien aus (statisches Tailoring).

Abbildung 9 zeigt als Beispiel das Tailoring-Ergebnis eines denkbaren V-Modell-Projektes aufseiten des Auftraggebers unter Zuhilfenahme des V-Modell Projektassistenten. Der V-Modell Projektassistent ist ein Softwarewerkzeug, mit dessen Hilfe das Tailoring werkzeuggestützt durchgeführt werden kann. Durch die Charakterisierung des Projektes anhand der Projektmerkmale wurde der Projekttyp Systementwicklungsprojekt (AG) mit sechs verpflichtenden sowie drei optionalen Vorgehensbausteinen, und eine zugehörige Projektdurchführungsstrategie ausgewählt.

Die Auswahl der Vorgehensbausteine kann bei Bedarf manuell erweitert werden, wobei jedoch die zwischen den Vorgehensbausteinen bestehenden Vorgehensbausteinabhängigkeiten zu beachten sind. Die endgültige Festlegung des Projekttyps sowie die zugehörige Auswahl der Vorgehensbausteine und der Projektdurchführungsstrategie wird im Projekthandbuch dokumentiert. Dabei ist das erstellte Anwendungsprofil nachvollziehbar zu begründen, ebenso wie die Auswahl der Projektdurchführungsstrategie und die Verwendung zusätzlicher Vorgehensbausteine.

Durch diesen einfachen, aber effektiven Tailoring-Mechanismus werden alle für ein Projekt nicht notwendigen Teile des V-Modells ausgeblendet. Der V-Modell-Anwender muss sich also nur noch mit den für sein Projekt relevanten Vorgehensbausteinen und Projektdurchführungsstrategien auseinander setzen.

Zusätzlich können während der Projektlaufzeit weitere Vorgehensbausteine ausgewählt beziehungsweise entfernt werden. Ausnahme hierbei sind die in jedem Projekt verpflichtend zu verwendenden Vorgehensbausteine des V-Modell-Kerns. Die Regeln für dynamisches Tailoring sind ebenfalls bereits im V-Modell durch speziell ausgezeichnete Produktabhängigkeiten definiert, die als Tailoring-Produktabhängigkeit bezeichnet werden (siehe V-Modell-Referenz Tailoring).

Zum Beispiel definiert eine dieser Tailoring-Produktabhängigkeiten die folgende Regel:

Wurde im Produkt Systemarchitektur mindestens eine HW-Einheit identifiziert, so muss im Projekthandbuch der Vorgehensbaustein HW-Entwicklung ausgewählt werden.

Angenommen, in einem Projekt wurde der Vorgehensbaustein HW-Entwicklung nicht ausgewählt, beim Entwurf der Systemarchitektur werden aber HW-Einheiten identifiziert. In diesem Fall fordert die vorgestellte Tailoring-Produktabhängigkeit, dass der Vorgehensbaustein HW-Entwicklung auch gewählt werden muss. Dementsprechend muss natürlich die Dokumentation des Tailorings im Projekthandbuch angepasst werden.

Diese Art des dynamischen Tailorings während der Projektlaufzeit bietet ein hohes Maß an Flexibilität. Dabei stellt der V-Modell-Kern ein Grundpensum an Qualität sicher, das in jedem V-Modell-konformen Projekt gewährleistet ist.

Teile des Projekthandbuches können als Vertragsgegenstand vereinbart werden. Diese Festlegung erfolgt für öffentliche Auftraggeber bereits im Rahmen der Ausschreibung. Wurde im Projekt das Tailoring-Ergebnis als vertragsrelevanter Teil des Projekthandbuches vereinbart, so ist das Tailoring und insbesondere auch das dynamische Tailoring transparent für alle Projektbeteiligten.

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